Freitag, 14. September 2018

Patientenschicksale:          
    Heute wieder ein kleiner Einblick, was bei uns so alles zur Beratung anklopft.
Da war der alte Mann mit über 80 Jahren. Die Kinder brachten ihn entsetzt vorbei, weil in seinem Ohr "Würmer" seien, die selbst mit konzentriertem Alkohol nicht weg gingen. Ich habe mich über die Larven gefreut, die in seinem Tumor das faule Fleisch vertilgten. Er hat einen Hautkrebs, der ihm fast die ganze Ohrmuschel befallen hat. Das hat keiner der Familie ernst genommen. Jetzt haben wir erst einmal Gewebeproben entnommen. Dann wird er wohl seine Ohrmuschel verlieren, aber hat noch eine Chance zu überleben.
     Heute kam ein gut 40 Jahre alter Patient zur Operation. Vor einem Monat hatte er sich das Sprunggelenk gebrochen, eine komplizierte Fraktur und Risse von wichtigen Bändern. Wie so jemand so lange warten kann? Heute haben wir die Brüche wieder aufgebrochen und versucht, das Sprunggelenk in eine halbwegs brauchbare Position zu bringen. Das Ergebnis war trotz aller Bemühungen nicht ideal, aber deutlich besser als vorher.
    Ein Junge mit 13 Jahren kommt mit seiner Mutter, geschickt von den Lehrern, weil er nach den ersten Schulstunden todmüde sei und ihm auch dabei oft die Augen zufielen. Zum Sport gegen Mittag sei er nicht mehr zu gebrauchen. Seine Noten sacken ab. Dabei kann er morgens, wenn er zum Unterricht kommt sogar rennen. Alles Anschreien nützt nichts. Alle bisherigen Untersuchungen haben kein brauchbares Ergebnis gebracht. Mit Hilfe unseres Anästhesisten haben wir die Probe gemacht. Er leidet an Myasthenia gravis. Das ist selten bei Kindern. Eine Autoimmunkrankheit unterbricht die Verbindung zwischen Nerven und Skelettmuskeln. Der Patient hat im Schlaf genügend Reserven angesammelt und ist nach dem Aufwachen fit. Er kann sogar schnell laufen. Doch mit der Zeit nimmt die Kraft ab. Schläft der Patient kurz, fühlt er sich hinterher besser. Das sehen die Lehrer aber nicht gerne. Besonders auffällig ist der "Schlafzimmerblick" wenn die Augenlider runterfallen. Jetzt hat die Familie erst mal eine Diagnose. Die Therapie wird noch eine Weile dauern, bis im staatlichen Gesundheitssystem die Diagnose bestätigt werden kann.
    Klaudia klagte heute über eine Patientin, die vor Jahren mit schwieriger Ehe zur Beratung kam. Der Mann liebte sie zwar noch, aber sie wollte nichts mehr von ihm wissen. Nach langem Streit drängte sie zu Scheidung, was ER mit allen Mitteln verhindern wollte. Alle Gespräche, die Ehe zu retten schlugen fehl. Sie ging ihren eigenen Weg. Nun kam sie nach langer Zeit wieder zur Beratung und möchte gerne zu ihrem Mann zurück - doch der ist inzwischen wieder verheiratet. Jetzt möchte oder kann ER nicht mehr.
    Auch wenn wir nicht die einzige Klink in der Gegend sind, Menschen kommen zu uns, weil sie Vertrauen haben. Das ist unsere Aufgabe und wir sind froh über unser internationales Team, das zusammen stark ist.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen