Immer wieder haben wir berichtet, wie die "Welt der Weißen" in den Urwald eindringt. Immer mehr Gebiete werden zu Viehweiden und Ackerflächen. Derzeit wächst vor allem von Brasilien her oft durch Chinesen der Handel mit Holz, allen voran von Balsaholz. Die Indigenen an den großen Flüssen haben plötzlich Geld. Handytelefone sind auch dort Standard.
Wir haben auch schon darüber berichtet, wie die Schulbildung bis zum Abitur hin das Leben der Menschen des Urwaldes verändert. Es sind häufig die Lehrer, die sich an den Mädchen vergehen. Wenn bisher ein junger Mann mit 16 - 18 und eine junge Frau mit 13 - 15 geheiratet haben, ist nun eine Ehe unter 18 Jahren grundsätzlich verboten, was sich in der Praxis aber erst langsam durchsetzen wird.
Ich merke derzeit bei meinen Patienten ebenfalls Änderungen.
Eine Huauranifrau kommt mit ihrem 3-Jährigen in die Sprechstunde. Nach kurzen Untersuchungen steht fest: Der Kleine leidet an einem bösartigen Lebertumor. Die Mutter hat sich vom Vater des Kindes getrennt, lebt hier in einer Siedlung von besetztem Land. Sie lebt von Gelegenheitsarbeit. Jetzt muss sie zur Behandlung nach Quito. Dort werden über Wochen Voruntersuchungen durchgeführt, bei der sie in der Praxis viel selbst bezahlen muss. Das Geld hat sie nicht und mit der Großstadt kommt sie auch nicht klar. Also klappt das wohl so nicht. Doch für die alleinstehende Mutter ist der Junge der ganze Lebensinhalt…………
In ihrem Heimatdorf ist sicher auch nicht alles ideal, aber da sind noch Nachbarn und Familie da. Die Gemeinschaft trägt auch in schwierigen Situationen.
Eine andere >Beobachtungen bei Huauranifrauen ist derzeit, dass erstmals 2 Frauen mit Gallensteinen und entsprechenden Beschwerden kommen. Ich habe nicht NIE in 31 Jahren einen Huaurani wegen Gallensteinen operiert und die sollen jetzt ihren Angehörigen diese seltsame Erkrankung erklären oder gar die Operation.
Grund sind die geänderten Essgewohnheiten, wenn Urwaldbewohner sich hier wie die anderen ernähren. So ändert sich unsere Welt und das fand und findet ständig auf der Welt statt. Die Welt wird immer einheitlicher.
Sonntag, 6. September 2020
Änderungen einer Kultur
Mittwoch, 2. September 2020
Gas geben und ausgebremst werden, Shell, 02. Sep. 2020 # 1413
so fühlen wir uns derzeit. Wir leben in einer Zeit der Änderungen, denn unser Hospital wächst derzeit besonders bei den operativen Eingriffen. Aber auch ambulante Patienten kommen weiterhin.
Seit Monaten vorbreitet haben wir jetzt die Ausrüstung für Magen-und Darmspiegelungen bereit. Seit Monaten wartet der Gastroenterologe darauf. Jetzt hat er abgesagt. Wir suchen erneut. Ich werde jetzt langsam anfangen und das Team darin schulen.
Ein Augenarzt hat Anfang Januar angefangen, dann konnte er wegen Corina nicht kommen, weil er zu weit weg wohnt. Jetzt hat auch er abgesagt.
Ein Kollege war die ganze Zeit schon oft schlecht gelaunt und hat für ein schlechtes Klima gesorgt. Heute hat ER von sich aus gekündigt und wir sind froh, dass wir ihm nicht für teures Geld entlassen mussten.
Der Rest des Teams aber ist stabil. Schwierigkeiten bereiten die Nachtwachen. OPs kommen oft unverhofft als Notfälle oder bei Geburten. Da müssen wir jetzt eine Lösung suchen bei flexiblen Mitarbeitern. Eine feste Nachwache aber lohnt sich finanziell derzeit nicht.
Lichtblick ist aber derzeit eine Gynäkologin, die vor kurzem ihre Ausbildung abgeschlossen hat. Sie war zum Kennenlernen hier und beginnt in wenigen Tagen ihren Dienst. Zusammen mit einer unserer Allgemeinärztinnen wird sie das Geburtsteam bilden. Diese bisherige Mitarbeiterin hat diese Woche ihre ersten 2 Kaiserschnitte mit sicherer Hand durchführt. Ich darf abgeben. Gynäkologie und Geburtshilfe sind derzeit die Wachstumsmotoren unserer Klinik.
Ein neuer kubanischer Allgemeinmediziner hat dieser Tage bei uns angefangen. Er hat jahrelange Erfahrung im Ultraschall. Hoffentlich bleibt er, denn bei aller Erfahrungen mit Kubanern sind diese oft auf der Suche nach der finanziell attraktivsten Arbeitsstelle und über Nacht wieder weg. Wir haben 4 solcher Kubaner über Nacht verloren.
Der ecuatorianische Allgemeinchirurg wartet immer noch auf den Anfang bei uns, aber das geht nicht ohne die laparaskopische Ausrüstung. Bitte betet, dass sie als Spende erhalten!!!!
Mit einem Kinderorthopäden sind wir im Gespräch für Februar 2021. Aber seine Frau möchte lieber nach Quito ziehen und nicht aufs Land. Wir beten. Und wenn er kommt, braucht er einen C-Bogen, ein Röntgengerät für die OP - Kosten neu $ 120.000,- Wir hoffen auf ein gebrauchtes Gerät.
Mancher wird fragen, warum wir nicht mehr Geduld haben. Klaudia und Eckehart planen ihren Ausstieg. Im April 2021 hört Eckehart mit dem Operieren auf und beschränkt sich auf Sprechstunde und Verwaltung. Im Sommer 2022 wollen wir dann alles abgeben und wegziehen.
In der Verwaltung übt sich eine weitere Person, Leitungsaufgeben von Klaudia zu übernehmen. Wir überarbeiten derzeit alle Arbeitsverträge und müssen sie an die Zukunft mit mehr Nachtdienst und der 24 Std Notfallambulanz anpassen. Ein Mitarbeiter eines staatlichen Hospitals berät uns derzeit in der Abrechnung bei stationärer Behandlung und den OPs. Noch rechnen wir oft pauschal ab, aber wenn die verschieden Ärzte ihren Anteil haben wollen und sollen, braucht es mehr Transparenz mit den Nebenwirkung von viel mehr Verwaltungsarbeit.
Wenn wir "Alten" nicht auf Tempo drücken, sind wir noch in 10 Jahren hier. Deswegen müssen Änderungen jetzt hat dabei machen wir sicher auch noch hier und da schlechte Erfahrungen, aber das Risiko müssen wir eingehen und neue Leute sollen ihre Chance bekommen. Danke für alles Gebet für den Wandel!!!