Mittwoch, 13. Februar 2019

Patientenberichte aus unserem Alltag

    Ein großes Problem sind unsere Langzeitpatienten, allen voran die Diabetiker. Wer von ihnen über 60 Jahre alt ist, ist kaum zu einer wirklichen Therapie bereit. Beispiel María P. 65 Jahre alt und weiß seit Jahren, dass sie zuckerkrank ist. Sie geht nicht zu Kontrollen und wenn der Vorrat an Tabletten ausgegangen ist, erscheint sie einige Tage später wieder mit einer Infektion. Auf ihrer Finca hat sie sich gepikst oder Insekt hat ihr zugesetzt und sie kommt zu uns mit riesigen Entzündungszeichen -  Befunde nebenbei: Blutzuckerwert über 600 mg%. Deshalb heilen Wunden nicht. Mit Antibiotika (und hauptsächlich Antidiabetikas) kriegen wir das natürlich wieder hin - aber wie lange geht das noch gut? Jetzt haben wir die Familie eingespannt und die Patientin unter die Aufsicht der Töchter gestellt. Doch dann verlässt María das Haus heimlich, muss ihre Tiere auf der Finca füttern und bleibt Tage dort, bis es ihr wieder schlecht geht. Wir merken: Lebensgewohnheiten und die gewohnte Unabhängigkeit passen nicht zu einer Krankheit, die immer wieder kontrolliert werden  muss. Und wenn die Selbstüberwachung einen Nüchternblutzucker von 250 mg% anzeigt, ist die Patienten zufrieden, über 600 war doch mehr und ich fühle mich derzeit wohl! Wer dann alleine noch Insulin spritzen müsste und keinen Kühlschrank hat muss sein Leben komplett umstellen und wer will das schon?
    Eine Patientin, im Mai 2018 laparoskopisch an der Gallenblase operiert, hat seit Monaten eine Fistel mit stinkenden Sekretion. Antibiotikas haben nicht geholfen, eine OP auswärts genauso wenig. Jetzt mussten wir sie nochmals operieren, haben die Fistel ausgeschnitten und dann eine Kompresse herausgezogen. Das Problem danach war, dass jede Menge Luft und Flüssigkeit danach kam. So mussten wir sie leider in das Hospital zurückschicken, wo sie ursprünglich operiert worden war, denn ein Loch im Zwölffingerdarm lässt sich einfach nicht ambulant behandeln. Das Ganze wird ein gerichtliches Nachspiel für das Team der ErstOP haben.
    Einer unserer Ärzte ist derzeit mit einer Studie über Leishmaniose im Nasen - Rachenraum beschäftigt. Leishmaniose führt zu Geschwüren, die nicht heilen und Gewebestrukturen zerstören. Als er die Studie mit einer Uni hier in Ecuador und Holland begann, glaubte keiner von uns an große Fallzahlen. Die Realität hat uns eingeholt. Derzeit schickt das Gesundheitsministerium Patienten aus dem gesamten östlichen Tiefland zu uns. Manche kommen mit "chronischem Schnupfen" und völlig zerfressener Nasenscheidewand zu uns. Und es sind Patienten mikroskopisch positiv, die kaum eine Klinik haben. Wir brauchen ständig mehr Medikamente, denn die Therapie ist lange uns schmerzhaft für abwechselnd die rechte und die linke Pobacke.
    Klaudia wird mehr und Familientherapeutin von Polizisten und deren Angehörigen. Da sind die üblichen Familienprobleme aber auch die Arbeitsbelastung. Auf die Frage, warum sie nicht zu den polizeieigenen Beratungen gingen, erhält sie oft die Antwort, dass dort die Vertraulichkeit nicht gewahrt würde und am nächsten Tag die ganze Abteilung Bescheid weiß. So kommen sie lieber zu einer verschwiegen Therapeutin. Und  da sind ihre treuesten Patienten.

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