Das Wochenende war der Höhepunkt des Streiks. Tausende neuer Indios kamen in die Stadt Quito, um den Protestierenden zu helfen. Aber auf der anderen Seite - und das hat wohl wenig mit den Indigenen zu tun, gab es eine Welle der Zerstörung in der Hauptstadt. Ein Regierungsgebäude wurde gestürmt, total verwüstet und angezündet, sicher ca. 12 Stockwerke verwüstet. Straßen aufgerissen, um Steine zu haben. Sie haben auch mit kleinen „Raketen“ aus Plastikrohren so für 20 - 30 Meter Entfernung mit Feuer geschossen. Das Gebäude einer Fernsehstation wurde angegriffen, Fahrzeuge angezündet, Fensterscheiben gingen zu Bruch. Die Feuerwehr konnte nicht löschen. Es war wie im Krieg, viel schlimmer als bei all den Protesten, die wir kennen - und wir kennen uns inzwischen bei Protesten aus. Die Schäden gehen in die mehrere 10 Millionen. Und da waren zusätzlich andere Kräfte am Werk.
Der Präsident hatte die Regierung nach Guayaquil an die Küste verlegt. Dann am Abend ein Treffen mit den Leitern der Indiogruppen und die Entscheidung: Der Streik wird abgeblasen und die Sache neu verhandelt.
Da stehen wir nun.
Quintessenz: Eigentlich ist der Streik noch nicht vorüber aber alle Straßen sind offen. Es gibt in Shell und im Oriente wieder Gemüse und Früchte. Die Tankstellen sind nach wie vor leer, denn bis Sprit hierher kommt, dauert es 2 - 3 Tage.
Der Streitpunktin Slogans: Neoliberalismus gegen Sozialismus - oder übersetzt: Mehr Marktwirtschaft oder Planwirtschaft. Es gibt noch viel mehr Schlagworte.
Unser Land hat sich an die Subventionen der Regierung gewöhnt. Dass unsere spottbilligen Gastanks und subventioniertes Benzin/Diesel nach Kolumbien und Peru verschwinden, ist ein offenes Geheimnis. Das bleibt erste einmal so. Die freuen sich. Und warum muss ein Ausländer oder Tourist auch subventioniert werden? Energiesparen macht in Ecuador keinen Sinn. Dabei reichen die Energiereserven des Landes für nur noch geschätzte 10 Jahre. Dann ist Schluss mit lustig.
Heute kamen wieder mehr Patienten in unsere Klinik. Einige der Männer hatten noch ihre Kriegsbemalung vom Wochenende und ich muss ehrlich sagen, dass in mir Wut hochstieg. Auch ich bin nicht frei von Gefühlen, wenn sich dann einer über den Preis der Behandlung mokiert. Hier ist nicht alle Behandlung umsonst. Und das Gesundheitsministerium hat die Familienangehörigen, die aus dem Urwald nach Puyo oder aus dem Hochland nach Quito kamen, nicht behandelt, es sein denn wirkliche Notfälle.
Der Konflikt ist noch lange nicht zu ende. Noch werden auf beiden Seiten die Wunden geleckt und eine Einigung nicht in Sicht. Es kann jeder Zeit weiter gehen. Zum ersten Mal, seit 60 Jahren wurde ein Präsident "nur" gebremst. Lenín Moreno bleibt weiter im Amt. Er musste nicht im Flugzeug aus dem Land fliehen. Der ist bodenständig und kann auch Niederlagen hinnehmen. Er hat wohl später keinen Korruptionsvorwurf zu befürchten im Gegensatz zu seinen Vorgängern. Das ist neu.
Wir haben gemerkt, wie mächtig Gebet ist. An diesem entscheidenden Sonntag haben viele, viele Christen mit sich und Gott gerungen, auch unter den Indios. Eine so schnelle Einung war eine Überraschung. Gott ist groß.....
Und noch etwas. Das 9. der Zehn Gebote hat für mich eine neue Tiefe gewonnen - den anderen nicht schlecht zu machen. Darin sind besonders die Sozialen Medien groß: Hassbotschaften, falsche Nachrichten, Fake News, Videos aus anderen Länder und aus anderen Zeiten schufen Feindbilder und machten Menschen wütend. Wo geben wir fake news weiter, ohne sie vorher nachgeprüft zu haben?
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