In Europa ist derzeit wohl die schönste Jahreszeit, hier in Shell ist Regenzeit d.h gelegentlich auch mal Sonne. Europa öffnet, hier die Menschen auch. Bisher haben die Hunde die Straße die meiste Zeit für sich selbst (Ausgangssperre 14:00 - 5:00). Jetzt holen sich mehr und mehr die Menschen ihre Freiheit zurück. "Hier werden Haare geschnitten - Eintritt durch die Hintertür!" stehen an einem geschlossenen Geschäft. Die Versorgung von Waren klappt immer besser. Neulich stand ein großes Auto vor unserem Hospital und Leute meinten: "So sahen mal Busse aus, wie wir sie von früher kannten!"
Wir kommen kaum raus, außer Klaudia mit ihren Besorgungen in Puyo und dem Transport vom Personal. Eckehart hat seit 2 Monaten Shell nicht mehr verlassen außer beim Gemüseeinkauf 500 m entfernt.
Aber es geht uns gut: Wir haben mehr Kontakte denn je mit Freunden in der weiten Welt und der Gemeinde in Quito. Wir rufen viele mehr Menschen an als früher. Teamsitzungen der Gemeinde dauern jetzt 2 Std - fertig. Früher war das ein ganzer Abend. Jeder ist abends zuhause. Keine Wege mehr. Wieviel Umwege- Leerwege - machen wir oft??? Und trotzdem fehlt oft der direkte Kontakt. Gemeinsame Sitzungen im Schlafanzug zu machen, ist anders.
Unsere Arbeit in Shell ist nicht weniger geworden. Nach einer Patientenflaute hat sich das deutlich gebessert, auch wenn noch keine Patienten mit dem Bus kommen können. Viele rufen uns an und mit einem Foto über WhatsApp schicken wir einen Behandlungstermin, mit dem sie die Kontrollen passieren können. Mehr und mehr Geburten kommen, auch geplante Kaiserschnitte..
Wir sind jeden Tag froh über den Bau unseres Hospitales. Wir können drei Bereiche komplett trennen: Covid - 19 - Tests, normales Sprechstunde und stationäre Behandlung, sprich OPs. Drei verschiedene Eingänge.
Die Patienten werden außerhalb des Gebäudes getrennt: Covid - Verdacht, Vitalzeichen gemessen - zum anderen Eingang unter ein Zeltdach geschickt - dort mit Sicherheitsabstand getestet, rausgeschickt und erhält sein Ergebnis der Antikörperprüfung nach 1 Std. Das Personal dort bis zur Unkenntlichkeit in Schutzkleidung versteckt. Am Ende werden sie "alkoholisiert" - abgesprüht werden alle Schichten der Schutzanzüge, Masken, Sichtschutz, Schuhe etc. Alkoholverbrauch ca 6 l pro Tag!!! Wir sind derzeit die einzige Teststelle in der Provinz. Mitarbeiter der Erdölfirmen, Militärs, Polizei und andere Behörden kommen nachmittags, wenn die anderen Patienten gegangen sind. Der Rest der Klink läuft auch mit Sicherheitskleidung, aber in einem anderen Bereich und so kommen Menschen auch zur stationären Behandlung.
Wir liefern dem Gesundheitsministerium allnachmittaglich die Zahlen. Deswegen ist Pastaza im Amazonastiefland die Provinz mit den meisten Infizierten. Indiogruppen haben geplant, sich abzuschotten. Aber immer wieder gab es Kontakte nach außen. Beispiel eine Familie am Rande von Shell. Unser Arzt macht einen Hausbesuch, weil der alte Vater Fieber und Husten hat. Der selbst im Test coronanegitiv (noch) aber alle anderen der Familie positiv getestet, obwohl sie gesund sind. Die tragen das Virus weiter!
Ein ganzes Dorf hat sich vor dem Virus schützen wollen und sich beim Medizinmann in dessen Haus angesteckt. Das Coronavirus hat unsere Gesellschaft erreicht.
Die Zahlen um uns herum steigen. Wir schicken die positiv getesteten nach Hause, ernstlich Erkrankte ins staatliche Hospital. Meldung an das Gesundheitsamt: Wenn die dann den Patienten besuchen wollen, ist er oft nicht zuhause, weil er bei anderen seiner Familie untergekommen ist. Wichtiger als wissenschaftliche Empfehlungen oder staatliche Maßnahmen sind familiäre Bindungen - oft bewirken sie das Gegenteil.
Uns geht es gesundheitlich und auch sonst gut. Wir haben finanzielle Hilfe von VIELEN erhalten - Danke!!!! Derzeit stöhnen wir mehr über die Arbeit, aber sie so effektiv wie lange nicht mehr. Danke für alle Begleitung!!!
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